In der letzten Woche reiste der Ständige Ausschuss des Landtags (zuständig für Justiz, Verfassung, Migration, Datenschutz, u.a.) nach Norwegen. Ziel der Informationsreise war, sich einen Ein- und Überblick über verschiedene Aspekte und Umgangsweisen Norwegens in den Bereichen Rechtssystem, Medien, Datenschutz, Strafvollzug zu verschaffen und ggf. Anregungen zu holen, was ggf. an Best Practice Beispielen übertragen werden können. Gerade im Strafvollzug hat Norwegen eine absolute Vorreiterrolle in Europa.
Der zweite Tag der Reise beinhaltete Besuche im Justizministerium, Gespräche mit Mitgliedern des Ausschusses für Rechtsfragen des Parlaments mit interessanten Diskussionen über Transparenz und Meinungsfreiheit, die in Norwegen sehr hoch eingestuft werden. Weiter war der Ausschuss beim Norwegischen öffentlichen Rundfunk und in der Datenschutzbehörde , um sich über Aufbau und Strategien zu informieren.
Der letzte Tag in Norwegen war dem Thema Strafvollzug gewidmet. Norwegen hat seit den 80er Jahren eine eindrucksvolle Reform des Strafvollzugs vollzogen und setzt sehr stark auf Resozialisierungsbemühungen von Anfang an. Kurzzeitstrafen unter 6 Monaten werden im Regelfall nicht in Haft vollstreckt, sondern als Arrest mit elektronischer Fußfessel , so dass Arbeit und soziales Umfeld nicht wegfallen. In den JVA wird über ein mehrstufiges Verfahren sehr viel Wert auf Einüben sozialer Fähigkeiten, Übernahme von Eigenverantwortung und Verbesserung der Alltagsfähigkeiten gelegt. Wenn der/die Strafgefangene Eigenmotivation entwickelt, können Verbesserungen der Haftsituation und gelockerte Vollzugsformen erreicht werden. Die Resozialisierung steht nicht als Selbstzweck, sondern wurde unter dem Gedanken entwickelt, „wer soll (nach der Haft) dein Nachbar sein“ - die Gesellschaft hat ein großes und berechtigtes Interesse an gelingender Resozialisierung , denn darin liegt Prävention gegen weitere Straftaten, mittelbarer Opferschutz und eine humanitäre Gesellschaft, die bei Verfehlungen eine Rückkehr in die Gesellschaft zulässt. Das hat nichts mit den oft reißerischen Schlagzeilen von „Luxusknästen“ zu tun, sondern mit einem Menschenbild, das die Tat mit dem Freiheitsentzug sühnt, sich aber dem Menschen zuwendet, um eine Wiedereingliederung zum Wohle aller zu schaffen.Mit den Haftanstalten auf der Insel Bastoy (Gelockerter Vollzug) und Halden (Hochsicherheitsgefängnis) konnten der Ausschuss zwei beispielhafte Institutionen besuchen, die die großen Bemühungen Norwegens im Strafvollzug verdeutlichen. Niedrige Rückfallquoten von ca. 20 % ggü. deutlich höheren Rückfallquoten in Deutschland, dass es Sinn für alle macht, in Resozialisierung zu investieren.