BZ: Wie Daniela Evers in die Landtagsarbeit einsteigt

 

Foto und Artikel von Peter Stellmach, BZ Titisee-Neustadt, 17. Mai 2021

 

Das Schild an der Haustür fehlt noch. Dem Büro merkt man den Übergang an, die Ordner am Fenster und auf dem Boden gehören eigentlich nicht mehr hierher. Das Sofa hat einen schwarzen Bezug – Zugeständnis an den Koalitions- und Regierungspartnerpartner CDU in Stuttgart? Daniela Evers lacht. Die in Neustadt wohnende neue Landtagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen organisiert ihre berufliche Veränderung. Die BZ hat sie besucht.

Die erste Sitzung des neu zusammengesetzten Landtags und die Wahl von Winfried Kretschmann zum Ministerpräsidenten liegt erst ein paar Tage zurück, und offiziell Landtagsabgeordnete in der auf 58 Sitze angewachsenen Fraktion ist Daniela Evers seit 1. Mai. Begonnen hat ihre Tätigkeit aber früher, wie die 50-Jährige sagt. Seit der Wahl am 14. März werde sie auf Themen gestoßen. Und der Weg zur Arbeit dauere häufig länger als früher: Neustädter sprechen sie immer wieder an, ihr gefällt’s, „Bürgernähe“ hat sie sich auf die grüne Fahne geschrieben.

Deshalb auch wird das Haus Schützenstraße 4 ihr Wahlkreisbüro, das war ihr wichtig. Sie wird zwar in der Fraktion übergeordnete Zuständigkeiten erhalten; welche, klärt sich diese Woche. Aber sie will möglichst oft „draußen“ bei den Wählern sein. Da auch in den Nachbarlandkreisen Grüne in das Landesparlament gewählt wurden, muss sie dort nicht vertretungsweise hingehen, sondern kann sich auf Freiburg Ost/Hochschwarzwald konzentrieren.

Team
„Was man als Abgeordnete braucht? Ja, das ist gar nicht so einfach“, sagt Evers. Unterstützung hat sie sich natürlich geholt. Leopold Winterhalder als Büroleiter in Neustadt. Das Urgestein der Grünen, seit 1984 Stadtrat in Titisee-Neustadt, in der vierten Legislatur Kreisrat, 2019 Bürgermeisterkandidat. Erfahren und kenntnisreich in den Themen, die den ländlichen Raum betreffen. Ihn hat sie als ersten gefragt, ob er die Aufgabe übernehmen möchte. „Das hat mich schon sehr gefreut“, sagt er. Die Zusage fiel ihm leicht, denn in seiner beruflichen Tätigkeit als Kinobetreiber ist der Generationswechsel auf seine Kinder im Gang, das verschafft ihm Luft. Eine 40-Prozentstelle übernimmt er, freitags ganztägig, daneben nach Bedarf halbe Tage für Schreibtischarbeit und Kommunikation oder für Termine mit seiner Chefin.

Freitag ist „Flächentag“, da will Evers im ländlichen Wahlkreis unterwegs sein, Montag dann Stadt (Freiburg)-Tag. Dort wird sie nach der Bundestagswahl einen weiteren Mitarbeiter einstellen, Florian Große, der bei der Landtagswahl organisatorische Unterstützung leistete, bekommt eine halbe Stelle. In Stuttgart sind Dienstag Fraktion und Mittwoch und Donnerstag Plenum oder Ausschussarbeit angesagt, hier wird Jonas Philipzen mit einer 80-Prozent-Stelle für sie tätig. Er kommt aus der grünen Jugend, hat Politik und Geschichte studiert und schreibt seine Masterarbeit. Er betreute im Wahlkampf unter anderem die Website und die sozialen Medien.

Ausstattung
Als „gut ausgestattet“ bewertet Evers das Mandat (hierzu siehe https://www.landtag-bw.de Bis zu rund 11000 Euro monatlich stehen ihr als Stellenbudget zu, ausgereizt habe sie es nicht. „Sehr solide“ findet sie das und weist darauf hin, dass die Kosten über den Landtag abgerechnet werden. Dazu kommt eine Pauschale in Höhe von knapp 2290 Euro für allgemeine Kosten. 8210 Euro betragen die Diäten, das Abgeordnetengehalt, davon gehen zwölf Prozent an die Partei ab. Sie erhält die Bahn-Netzkarte Baden-Württemberg. Obwohl die Zugverbindung nach Stuttgart mehrere Stunden erfordert, will die Grüne das Auto möglichst wenig nutzen. „Das Einzige, was fehlt, ist Zeit“, wirft Leopold Winterhalder ein. Evers’ Anspruch ist hoch, es wird wohl auf eine Sieben-Tage-Woche hinauslaufen. Den Umstand, dass sie die einzige Bürgervertreterin der Region ist, versteht sie als zusätzliche Verpflichtung.

Start
Wie man sich fühlt als Frischling in einer Landtagsfraktion, die Wahlgewinner ist mit 58 Abgeordneten und damit elf Wahlkreisen mehr als zuletzt? Evers ist eine von 22 Neulingen, aber unbekannt ist das Geschäft für sie nicht. Von 2006 bis 2014 arbeitete sie dem Abgeordneten Reinhold Pix zu, seither für Bärbel Mielich. „Das hat Einblick gegeben und viele Kontakte ermöglicht“, sagt sie, „sonst würde es einen ja erschlagen“.
Eingewöhnung
Sie habe sich auch von Anfang gut eingebunden gefühlt, erzählt sie. Von ihrer fachlichen Warte als Juristin (Schwerpunkte Ausländer-, Asyl- und Sozialrecht) aus habe sie sich ein wenig für die Koalitionsverhandlungen einbringen können. Wie alle Neuen wird sie mit einem Anfängerprogramm mit Infopaketen der Fraktion ausgestattet und hat mit Andrea Bogner-Unden aus Sigmaringen eine Mentorin zugelost bekommen. Trotzdem glaubt sie, „ein Jahr Einarbeitungszeit wird es schon brauchen“. Evers sitzt übrigens im Plenarsaal in der sechsten Reihe.

Ihre Anwaltstätigkeit hat die Juristin über die vergangenen Monate zurückgefahren, um sich erst auf den Wahlkampf und dann auf die neue Aufgabe konzentrieren zu können. Alle Kraft soll dem Landtagsmandat für den gesamten Wahlkreis gelten. Spricht’s und eilt zu einem Termin nach Lenzkirch, wo Bürger ihr ein Anliegen vortragen wollen.